Habe ich was Falsches gesagt? – Wie ich den Grübelzwang nach einem Treffen überwunden habe
- Sophie Lauenroth
- 22. Sept.
- 4 Min. Lesezeit

Kennst du das?Du kommst von einem Treffen nach Hause, alle haben gelächelt, das Gespräch lief scheinbar gut – und doch beginnt in dir sofort ein endloses Gedankenkarussell: „War ich zu laut? Habe ich was Falsches gesagt? Habe ich die andere Person verletzt?“
Genau das war jahrelang mein ständiger Begleiter. Während andere entspannt nach Hause gingen, lag ich oft stundenlang wach und ging jede einzelne Gesprächssequenz noch einmal durch. Ich suchte nach Fehlern, nach Anzeichen dafür, dass ich „komisch“ gewirkt haben könnte. Und je länger ich grübelte, desto kleiner fühlte ich mich.
Warum wir nach Treffen grübeln
Psychologisch gesehen steckt hinter diesem Muster ein Mix aus sozialer Unsicherheit, Perfektionismus und oft auch maskiertem Autismus. "Autismus?" magst du dir jetzt denken..."Sind das nicht immer die "Freaks" in den TV Serien wie Dr. Shawn Murphy aus "The Good Doctor"? Nein - zunächst einmal: Keiner ist ein "Freak", weil er anders ist. Und die Autismus-Spektrum-Störung ist - wie der Name schon sagt - ein Spektrum. Das heißt, dass bei jedem Betroffenen die Symptome unterschiedlich stark ausgeprägt sein können - eben ein ganzes Spektrum.
Viele Betroffene sind es gewohnt, sich in sozialen Situationen anzupassen, Rollen zu spielen, immer „richtig“ wirken zu wollen. Und deswegen bleiben viele Autist:innen auch unerkannt und ohne Diagnose. Sie sind eben zu gut angepasst, dass sie nicht auffallen. Das Problem: Das Gehirn schaltet nach dem Treffen nicht ab – sondern analysiert weiter. Es bewertet, sucht nach Beweisen für Ablehnung und interpretiert Kleinigkeiten über. Und das macht verdammt müde.
Die Folgen des Grübelzwangs
Das ständige Nachdenken kann zu:
innerer Erschöpfung,
Schlafstörungen,
sinkendem Selbstwertgefühl und
einem Vermeidungsverhalten führen („Dann gehe ich lieber gar nicht mehr zu Treffen“).
Ich weiß, wie quälend das sein kann. Es fühlt sich an, als würde man innerlich nie wirklich zur Ruhe kommen.
Was mir geholfen hat
1. Der Realitätscheck

Früher habe ich jedes Gefühl von Unsicherheit sofort als Beweis genommen: „Da war etwas falsch!“ Heute halte ich inne und frage mich: „Habe ich handfeste Beweise – oder sind das nur Vermutungen?“Oft merken wir dann: Das, was wir als „Fehler“ empfinden, hat niemand außer uns selbst bemerkt. Unser Gehirn blendet die positiven Rückmeldungen aus und sucht wie ein Scanner nur nach dem Negativen. Sich das bewusst zu machen, bricht den Kreislauf.
2. Selbstmitgefühl üben
Die Stimme in meinem Kopf war früher hart: „Das war wieder peinlich, alle haben dich komisch gefunden.“
Heute versuche ich, in dieser Situation so mit mir zu sprechen, wie ich es mit einer guten Freundin tun würde: „Du hast dein Bestes gegeben. Es ist menschlich, nicht perfekt zu sein. Und selbst wenn ein Satz ungeschickt war – das macht dich nicht weniger wertvoll.“Studien zeigen: Menschen, die Selbstmitgefühl trainieren, haben weniger Angstzustände und Grübelgedanken.
3. Den Körper einbeziehen
Grübeln findet im Kopf statt – und dort gibt es selten eine Lösung. Darum habe ich mir angewöhnt, nach Treffen meinen Körper bewusst zu nutzen:
ein Spaziergang,
ein paar tiefe Atemzüge,
oder Musik, bei der ich tanzen kann.All das bringt mich zurück ins Hier und Jetzt. Unser Nervensystem reguliert sich am besten über Bewegung und Sinneseindrücke – nicht über gedankliches Durchkauen.
4. Das innere Kind sehen
Hinter dem Grübelzwang steckt oft ein sehr junger Anteil in uns. Ein Kind, das sich nach Liebe sehnt und gelernt hat: „Wenn ich alles richtig mache, werde ich nicht abgelehnt.“
Heute setze ich mich manchmal hin, lege die Hand auf mein Herz und sage innerlich zu diesem Kind: „Du bist gut genug. Auch wenn nicht alles perfekt läuft, bist du liebenswert.“ Diese kleine Geste verändert erstaunlich viel – sie schenkt Trost und nimmt der Angst vor Fehlern die Schärfe.
5. Bewusst den Abend beschließen
Eine ganz praktische Methode: Ich schreibe nach Treffen drei Dinge auf, die gut gelaufen sind.Das hilft, den Fokus weg vom Fehler-Scanner hin zum Positiven zu lenken. Denn unser Gehirn ist darauf programmiert, Gefahren zu suchen – wir dürfen es bewusst umlenken, um auch das Gute zu sehen.
Und noch etwas Persönliches
Erst als ich verstanden habe, dass mein ständiges Grübeln nicht „meine Schwäche“ ist, sondern viel mit maskiertem Autismus und meiner Art, die Welt wahrzunehmen, zusammenhängt, konnte ich Frieden damit schließen.

Genau deshalb habe ich meinen Workshop zum Thema maskierter Autismus entwickelt. Dort tauchen wir tiefer in diese Themen ein – Grübelzwang, soziale Unsicherheit, Reizüberflutung – und ich zeige dir Strategien, wie du dich selbst besser verstehst und dein Leben leichter gestalten kannst. Viele haben sich schon ihren Platz gesichert – vielleicht ist es auch dein nächster Schritt? 💛 Hier kannst du deinen Platz buchen für nur 39,99€.
Mein Fazit für dich
Wenn du dich im Grübeln nach Treffen wiedererkennst: Du bist nicht allein. Und nein – du bist nicht „komisch“. Dein Gehirn arbeitet einfach ein bisschen anders, sensibler, detailverliebter. Das darfst du lernen zu akzeptieren und gleichzeitig Wege finden, dich nicht von diesem Karussell bestimmen zu lassen.
Denn am Ende zählt nicht, ob du jedes Wort perfekt gesagt hast.Sondern ob du dir selbst erlaubst, echt zu sein – auch wenn das manchmal bedeutet, nicht perfekt zu wirken.




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